#776, Erstellungsdatum 28. April 2017 18:50
Klimaschutzmaßnahme
Ofenbau in Äthiopien (Ofenmacher e.V.)
1. Bitte beschreiben Sie Ihr Projekt. Worum geht es? Welche Ziele
verfolgen Sie?
Für den Verein die Ofenmacher habe ich im Januar 2016
die Ofenbau-Kampagne in Äthiopien übernommen. Die Kampagne beschränkt
sich im Moment auf den Landkreis Merhabete mit seiner Kreisstadt Alem
Ketema. In diesem schwer zugänglichen Gebiet ohne Asphaltstraßen und
Elektrizität gibt es über 30.000 Haushalte. Inzwischen (30.4.2017) sind
es ca. 800 Öfen, ca. 400 davon in 2017. Ziel ist es über einen Erfolg in
diesem Landkreis den Vorteil rauchfreier Öfen landesweit bekannt zu
machen. Es gab auch bereits Medieninteresse und Anfragen anderer
Landkreise in Äthiopien.
Ich bin Mitglied des Vereins die Ofenbauer e.V. seit Januar 2016.
Ziel der „Ofenmacher e.V.“ ist es durch den Bau von rauchfreien
Küchenöfen das offene Feuer zu ersetzten. In den Entwicklungsländern
kochen fast 4 Milliarden Menschen am offenen Feuer. Der Raum füllt sich
mit beißendem Rauch. Reizungen der Augen bis zur Erblindung,
Schädigungen der Lunge und der Blutgefäße sowie schwere Brandunfälle
sind die Folge. Laut WHO ist offenes Feuer die fünfthäufigste
Todesursache in Entwicklungsländern mit ca. 4 Millionen Toten pro
Jahr.
Die Ofenmacher initiieren und unterstützen Projekte zum Ofenbau. Sie
bilden lokale Ofenbauerinnen/er aus, die mit dem dort verfügbaren Lehm
die einfachen Kochstellen errichten. Organisiert in der parallel vor Ort
aufgebaute Projektorganisation sind sie somit in der Lage, nach der
Aufbauphase des Projektes, weitgehend autark zu arbeiten. Hierbei
orientieren sie sich an den jährlich mit den „Ofenmachern e.V.“
vereinbarten Projektzielen. Die „Ofenmacher e.V.“ begrenzen sich dann
auf die Projektkontrolle incl. kontinuierlichem Monitoring, auf die
finanzielle Unterstützung und bedarfsorientierte Hilfestellungen.
Die Mitarbeiter der „Ofenmacher e.V.“ arbeiten ehrenamtlich. Alle
Spendengelder werden zu 100% in die Projekte in den Entwicklungsländern
geleitet. Die Kosten belaufen sich, nach erfolgreichem Projektaufbau,
auf ca. 10€ pro Ofen.
2. Was bewirkt Ihr Projekt? Welche Impulse für Veränderungen können
Sie setzen und welche Erfolge hatten Sie bereits?
Die Vorteile der rauchfreien Küchenöfen sind:
• Vermeidung von Unfällen am offenen Feuer, hier sind primär Kinder
betroffen.
• Weitgehende Vermeidung der gesundheitlichen Schäden durch Rauchgase im
Wohnraum.
• 50% geringerer Treibhausgasausstoß aufgrund des guten
Wirkungsgrades.
• 50% niedrigerer Bedarf an Brennmaterialien, gleichzeitig Reduzierung
des Arbeitsaufwandes zur Beschaffung der Brennmaterialien.
• Arbeitsplätze für ortsansässige Ofenbauer.
• Viele Frauen erhalten als Ofenbauer eine eigene Einkommensquelle.
Das erste Projekt der „Ofenmacher e.V.“ wurde 2010 in Nepal gestartet,
2013 weitere Projekte in Kenia und Äthiopien. Bis Ende 2016 konnten die
Ofenbauerinnen/er in Nepal mehr als 50.000 Öfen bauen. Hierfür wurden in
Nepal inzwischen über 150 Ofenbauerinne/er ausgebildet. In Äthiopien
sind bis jetzt über 80 Ofenbauerinnen ausgebildet worden. Knapp die
Hälfte davon sind tatsächlich aktiv.
Ein Erfolg, der die Wirksamkeit und Qualität der rauchfreien Kochstellen
untermauert, ist die Genehmigung des Klimaschutzprojektes der
„Ofenmacher e.V.“ in Nepal. Die Gold Standard Foundation, weltweit
führende Organisation für nachhaltige Energien, erteilte 2014 die
Projektgenehmigung und stellte 2015 die ersten Klimaschutz
Emissionszertifikate aus.
3. Inwiefern ist Ihr Projekt ein gutes Beispiel für eine lebenswerte
Gesellschaft?
Der beißende Rauch von offenen Feuerstellen im Wohnraum stellt eine der
großen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in den Entwicklungsländern
dar. Kochstellen mit Rauchabzug beseitigen dieses Problem fast
vollständig, bieten den Familien und besonders den Frauen und Kindern
durch den sauberen und sicheren Wohnraum neue Lebensqualität.
Die Kosten sind niedrig, mit 10€ pro Haushalt. In Äthiopien sit der
Aufwand wegen der noch geringeren Stückzahl höher und liegt zwischen
12,5 und 20 €. Die Lösung ist nachhaltig, da primär mit lokal
verfügbarem Lehm gebaut, einfach von den Besitzern zu warten und zu
reparieren. Zudem werden vor Ort Arbeitsplätze geschaffen: alleine in
Nepal arbeiten inzwischen mehr als 100 Ofenbauerinnen, in Äthiopien ca.
35 an den Projekten. In Absprache mit der Stadtverwaltung und dem
Landkreis Merhabete rekrutieren wir für den Ofenbau ausschließlich
Frauen aus prekären Verhältnissen (verwitwet, geschieden, kinderreich)
aus der ländlichen Bevölkerung.
Weiterhin halbiert sich der Brennstoffbedarf. Es geht um eine Tonne
Feuerholz pro Jahr und Haushalt. Die Frauen gewinnen wertvolle Zeit für
andere Aufgaben, denn nicht selten muss das Holz über mehrere Kilometer
in schwer zugänglichem Gelände transportiert werden. Zudem wird der Wald
von der Abholzung verschont und das Klima von Treibhausgasen.
4. Wie ist Ihr Projekt organisiert? (Ehrenamt, Start-up etc.) Wie
viele Personen engagieren sich?
Alle Mitglieder der „Ofenmacher e.V.“, also auch ich, arbeiten
ehrenamtlich, insgesamt ca. 10 Mitarbeiter. „Ofenmacher e.V.“ initiiert,
bildet aus, unterstützt und kontrolliert die Projekte. Weiterhin
verantwortet „Ofenmacher e.V.“ die Finanzierung und Mittelverwendung.
Aufkommende Spendeneinnahmen werden zu 100% in die Projekte geleitet.
Ziel ist es, nach dem Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe, dass der Ofenbau in
den jeweiligen Ländern eigenständig organisiert und umgesetzt wird.
Im Rahmen der Aufbauphase werden in den Ländern lokale Organisationen
gegründet, die Projekte umsetzen. In diese Organisation sind lokale
politische Entscheidungsträger eingebunden. Nach der Aufbauphase
verantwortet der einheimische Projektleiter die Umsetzung der Projekte
in dem vereinbarten Projektrahmen. Schulung und Organisation der
Ofenbauerinnen/er, Bau der Öfen und Dokumentation des Ofenbaus,
sachgerechte Mittelverwendung sowie monatliche Dokumentation der
Ergebnisse und schriftliche Projektberichte zählen zu seiner
Verantwortung. Nach diesem Prinzip arbeiten in Nepal aktuell mehr als
100 Ofenbauinnen/er, die inzwischen über 50.000 Öfen gebaut haben, in
Äthiopien aktuell 35.
Ein konkretes Beispiel bin ich selbst: meine Reisekosten (ich war
innerhalb von 12 Monaten dreimal in Äthiopien) trage ich selbst als
Spende für den Verein. So wie ich erhält kein deutscher Vereinskollege
eine Entschädigung für seinen Einsatz. Die Spenden gehen direkt in die
Kampagnen vor Ort und bleiben in keiner deutschen Organisation hängen.
5. Seit wann gibt es das Projekt? Wie und warum ist es
entstanden?
Entstanden ist der Verein 2010. Aus den Erfahrungen der Arbeit von
Christa Drigalla im Hospital in Katmandu und 12 Jahren Leben in Nepal
entstand die Idee: die Verhinderung der Verbrennungen im Kindesalter,
verursacht durch die Kochstellen mit offenem Feuer in den Bauernhäusern
in Nepal.
Der Bau von rauchfreien Küchenöfen in der ländlichen Umgebung zeigte
sofortige Ergebnisse. Die Hauseigentümer und hauptsächlich die
Hausfrauen formulierten sehr genau die entscheidenden Vorteile, die sie
persönlich nach dem Einbau eines solchen Ofens spürten.
Inzwischen hat sich der Bau der Öfen sehr ausgeweitet und der Bedarf an
rauchfreien Küchenöfen scheint weiterhin unerschöpflich zu sein. Neben
den Vorteilen für die Gesundheit ist die umweltentlastende und
klimaschonende Wirkung besonders hervorzuheben. Die bessere Ausnutzung
des Brennstoffes Holz reduziert den Holzeinschlag in den Wäldern und den
CO2-Ausstoß.
Die Anregung für die Kampagne in Alem Ketema und dem Landkreis Merhabete
kam aus Vaterstetten. Karlheinz Böhm, Gründer der Hilfsorganisation
Menschen für Menschen, hatte als Vaterstettener Bürger auch die
Städtepartnerschaft Vaterstetten – Alem Ketema initiiert. Und hieraus
wurde die Unterstützung der Ofenmacher e.V. geholt.
6. Beschreiben Sie Ihr Geschäftsmodell. Wird das Projekt finanziell
gefördert? Wozu verwenden Sie die Einnahmen?
Die Finanzierung der Projekte erfolgt über private Spenden, Gelder von
Stiftungen und Sponsoren. Alle Spendengelder gehen zu 100% in die
Entwicklungsländer und dienen ausschließlich zur Umsetzung der Projekte
zum Bau von rauchfreien Kochstellen.
Die verfügbaren Mittel bewegen sich zwischen 100.000€ - 140.000€/a.
Damit können jährlich zwischen 10.000 - 14.000 Öfen gebaut werden, bei
Kosten von ca. 10€ pro Ofen. Hierin enthalten sind alle Lohn- und
Materialkosten, Gelder für das Monitoring und die einheimische
Projektleitung.